Es war vor ungefähr 17 Jahren, als ich in meiner kleinen Wohnung saß und eine Collage aus Bildern anfertigte, die ich aus Zeitschriften ausgeschnitten hatte. Ich durchlebte eine schwierige Zeit, hatte eine schmerzhafte Trennung hinter mir und gerade meinen Job verloren. Mein kleiner Sohn vermisste seinen Papa schrecklich und verbrachte viel Zeit bei ihm. Ich fühlte mich als Versagerin, schuldig und wertlos.
Doch da waren diese Bilder, die mir zeigten, dass ein anderes Leben möglich war: Ein orange gestreiftes Kätzchen, ein frisch getrautes Brautpaar, eine wild-romantische Meeresküste – und ein kleines, blondes Mädchen in einer Blumenwiese. Dieses Mädchen berührte etwas tief in mir und ich klebte das Bild gemeinsam mit den anderen auf einen blauen Karton. Die Collage hängte ich in meinem Wohnzimmer auf, und wenn ich sie betrachtete, fühlte ich mich besser. Erst später begriff ich, dass das Bild vom kleinen Mädchen meine Sehnsucht nach einem zweiten Kind zum Ausdruck brachte – eine Sehnsucht, die ich mir lange nicht eingestehen wollte.
Die Zeit nach der Geburt meines Sohnes war schwierig gewesen, ich konnte und wollte mich nicht in die Mutterschaft einfinden und betrauerte meine verlorene Freiheit. Lange zweifelte ich meine Fähigkeiten als Mutter an und fand keine echte Verbindung zu meinem Kind. Das setzte sich nach der Trennung von seinem Vater fort, der lange Zeit die Hauptbezugsperson für unseren Sohn blieb. Ich begann eine Therapie, um tiefsitzende Muster aus meiner Kindheit aufzulösen. Als ich meinen heutigen Mann kennenlernte, kam die unausgesprochene Sehnsucht wieder. Wenige Monate später war ich schwanger und wusste sofort, dass es ein Mädchen sein würde – und ja, es war blond. Durch meine Tochter wurde ich heil, sie hat mein Leben komplett gemacht.
Die Beziehung zu meinem Sohn und seinem Vater blieb lange Zeit schwierig, ich weinte viel in jener Zeit. Doch mit den Jahren wurde aus uns eine Patchworkfamilie, in der alle Beteiligten ihr Bestmögliches gaben. Es gab weitere Bilder, die zu realen Erlebnissen führten und die mir bestätigten: Wir können in Gedanken und Bildern die Welt erschaffen, in der wir leben wollen – oder ihr zumindest ein Stück näher kommen.