Abschied und Neubeginn

Seit einigen Monaten fühlt sich mein Leben wie ein einziger Abschied an: von meinem Leben mit Mann, Kind und Katze, von den Erwartungen an meine Beziehung, die sich nicht erfüllten. Von Lebensumständen, die sich am Ende nicht mehr richtig anfühlten. Und nun musste ich auch noch einem engen Familienmitglied Lebewohl sagen.

In manchen Bereichen war der Abschied endgültig, in manchen vollzieht er sich schrittweise. Meine Tochter wird nun erwachsen und muss sich von ihrer Mutter lösen. Und auch wenn es noch so sehr schmerzt, ist einmal mehr Loslassen gefragt. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, sich vom mütterlichen Einfluss abzugrenzen und möchte ihr diesen Schritt leichter machen als er für mich war.

Ich verabschiede mich nun von meinem Leben in der Stadt, denn mit dem Herzen bin ich längst woanders. Es könnte auch ein – zumindest vorübergehender – Abschied von meinem seßhaften Leben werden. Reisen, eine Weile in einem anderen Land leben, Wohnen gegen Mithilfe – alles ist möglich, das Abenteuer ruft. Nach über zwanzig Jahren Leben mit Kindern ist nun die Zeit gekommen, loszuziehen – etwas, wovon ich mein ganzes Leben geträumt habe. Letztendlich ist es auch der Abschied von einem System, in dem ich mich schon lange nicht mehr wohlfühle.

Wenn mir das Herz schwer wird, denke ich daran, dass jeder Abschied auch ein Neubeginn ist. Wie Hermann Hesse in einem meiner Lieblingsgedichte schreibt:

„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Abschied

Manchmal entwickeln sich die Dinge nicht wie gewünscht, auch wenn du dich noch so sehr bemühst. Manchmal hat das Leben andere Pläne. Dies scheint die Zeit der Veränderungen und Abschiede zu sein oder, wie eine liebe Freundin sagte: Jetzt stellt sich heraus, was zusammengehört und was sich trennen muss. Und so haben mein Mann und ich uns nach 18 gemeinsamen Jahren dazu entschlossen, Abschied zu nehmen. Wir haben uns diese Entscheidung nicht leicht gemacht, sie nicht von heute auf morgen getroffen.

Ich war nach der Trennung vom Vater meines Sohnes entschlossen, es diesmal besser zu machen. Und es war lange Zeit gut, wie hatten wunderschöne Momente, haben uns geliebt und gestritten und uns immer wieder zusammengerauft. Doch ich war so beschäftigt damit, aller Welt zu beweisen, wie beziehungsfähig ich sei, dass ich völlig auf meine eigenen Bedürfnisse vergaß. Und übersehen habe, dass es auch eine Frage des Naturells sein könnte, ob man für eine längere Beziehung geeignet ist. Ich brauche viel Freiraum, viel Zeit für mich – und es zieht mich immer mehr in die Natur. Letztendlich mussten wir erkennen, dass unsere Wünsche und Ziele nicht mehr zusammenpassen und wir uns in verschiedene Richtungen entwickelt haben. Unser beider Wunsch ist es, in Frieden und Freundschaft auseinander zu gehen, alleine schon wegen unserer gemeinsamen Tochter. Durch dieses wundervolle Mädchen werden wir immer verbunden bleiben.

Und so nehme ich in Demut Abschied von einem Lebensabschnitt, in dem ich so vieles über mich lernen durfte und in vielerlei Hinsicht gereift bin. Danke, Richard, für alles, was du für uns getan hast. Danke, dass ich durch dich zu der Frau wurde, die ich heute bin.

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